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Sollte sich die Kunstwelt der Designwelt öffnen?

 

31. August 2022

Kunst und Design sind sehr unterschiedliche Disziplinen, auch wenn sie sich in vielfacher Hinsicht ähnlich sind. Und auch wenn das Design im Allgemeinen im Kunstmarkt einbezogen ist, dann werden ein Designobjekt und ein Kunstwerk je nach ihrer Art anders behandelt. Daher hielt man sie bewusst getrennt. Aber wenn man das Thema aus der Sicht des Käufers betrachtet, verblassen die Unterschiede... In der Tat haben sie ähnliche Eigenschaften und werden oft von denselben Personen geschätzt und gesammelt. Wäre es also nicht eine gute Idee, wenn sich die Kunstwelt der Designwelt öffnen würde? Erforschen Sie mit Artsper die Gründe für diese Überlegungen, aber auch die Fragen, die sich hierbei stellen!

Design und Kunst haben vieles gemeinsam

 

François-Xavier Lalanne’s Badewanne / Skulptur, Hippopotame I: Am Scheideweg zwischen Kunst und Design 1968/1969. © Les Arts Décoratifs / Fotografie: Christophe Dellière © Adagp, 2022

Das häufigste Unterscheidungsmerkmal zwischen einem Kunstwerk und einem Designobjekt ist die Frage, ob das Werk zu einem funktionalen Zweck geschaffen wurde oder nicht. Ein Designer beantwortet eine Frage, löst ein Problem oder macht das Objekt zu etwas Funktionellem... Während ein Künstler etwas schafft, um eine Botschaft oder Emotion zu übermitteln oder auch einfach nur, um etwas der Optik wegen zu erschaffen. Im Gegensatz zu Designern sind Künstler nicht verpflichtet, das fertige Objekt funktional zu gestalten.

Allerdings sind die Grenzen zwischen Kunst und Design oft fließend. Manche Kunstwerke dienen einer Funktion, andere Designobjekte sind rein dekorativ. Die beiden Disziplinen liegen manchmal so nahe beieinander, dass es unmöglich ist, die genaue Grenze zwischen ihnen zu bestimmen. Aber müssen sie wirklich so klar voneinander abgegrenzt sein? Schließlich hat der Designer eine künstlerische Vision und der Künstler ist von Natur aus ein Designer, nicht?

Design und Kunst gefallen derselben Käuferschaft

Ein Werk von Damien Hirst neben Stühlen von Hugues Steiner und einem Tisch von Jean-Marie und Marthe Simonnet in einem von Joe Nahem entworfenen Haus in Connecticut. © AD Magazine / Foto: Simon Upton.

Kunst wird manchmal als "intellektueller" als Design angesehen, weil sie um ihrer selbst willen und ohne inhärente Funktionalität existiert. Aber das in der Kunst notwendig erachtete Wissen gilt auch für das Design. Im Laufe der Geschichte hat sich das Design in ähnlicher Weise entwickelt. Es bildet auch einen Teil der visuellen Kultur und reagiert auf spezifische Ikonografien und Stile. Um ein wertvolles Designobjekt zu erkennen oder zu beurteilen, bedarf es sogar der gleichen Fähigkeiten wie bei der Kunst: ein geschultes Auge, eine tadellose visuelle Analyse, aber auch Know-how in Geschichte und aktuellen Markttrends.

Kunst und Design sind beides Luxusprodukte, die sehr ähnlichen Überlegungen unterliegen. Dem Uneingeweihten mag die Beliebtheit eines Gemäldes von Lucio Fontana ebenso absurd erscheinen wie der Preis eines einzigen Sessels von Jean Prouvé. In der Tat sind es nicht die edlen Materialien oder die Anzahl der Arbeitsstunden, die den Preis dieser Objekte rechtfertigen, sondern vielmehr von den Experten beherrschten Elemente: der historische Kontext, der Status des Künstlers, das Interesse der Sammler für Letztgenanntes oder für die Kunstbewegung, der es angehört.

Ein Gemälde von Joan Miró, Le Passage de l'oiseau-migrateur, wurde für 6.845.750 € verkauft (links) und ein bronzener Türklopfer, signiert von Diego Giacometti, für 151.200 € (rechts) bei der Auktion von Hubert de Givenchy in Paris im Juni 2022. © Christie's

Kunst und Design werden gemeinsam gesammelt. Um dies zu verstehen, muss man sich nur die Versteigerung von Familiensammlungen ansehen. Zum Beispiel erzielten die Sammlungen von Hubert de Givenchy und des Ehepaars Krakoff stratophärische Ergebnisse bei Christie’s Paris und Sotheby's New York, die alles bisher Dagewesene in der Welt des Designs übertrafen. Abgesehen vom Wert einer prestigeträchtigen Provenienz zeigen diese Verkäufe vor allem das große Interesse der Sammler an einem Katalog, der das Beste aus Kunst und Design vereint, wobei es in speziellen Verkäufen üblich ist, diese voneinander zu trennen.

Design und Kunst entsprechen denselben Motivationen

Der Lockheed Lounge Chair des Designers Marc Newson brach den Auktionsrekord für einen lebenden Designer, als er 2015 bei Phillips in London für 2.434.500 £ verkauft wurde. © Phillips Auction.

Fangen wir mit dem Status an: Ein Designersofa bringt dem Käufer ein gewisses Prestige, genau wie ein Kunstwerk eines berühmten Künstlers. Diese Anschaffungen sind ein Beweis für guten Geschmack, für Kennerschaft und ermöglichen es dem Käufer, sich vor seinesgleichen zu repräsentieren.

Oft gibt es noch einen weiteren Grund für den Kauf von Kunst- und Designobjekten: der Wunsch, junge Talente zu unterstützen. Ein Sammler möchte sich vielleicht nicht auf das eine oder das andere beschränken, sondern kann sich dafür entscheiden, junge Designer und bildende Künstler gleichermaßen zu unterstützen.

Es kann auch ein finanzieller Grund sein: Ein Designobjekt ist wie ein Kunstwerk eine Investition, die im Laufe der Zeit an Wert gewinnen kann. Ein Sammler, der den Markt gut kennt, kann sich sowohl für Design als auch für Kunst entscheiden, um seine Sammlung zu erweitern und eine gute Investition zu tätigen.

Schließlich sind sowohl Design als auch Kunst dazu bestimmt, Teil eines Interieurs zu sein, an einer Wand angebracht zu werden oder ein Wohnzimmer einzurichten. Diese dekorative Dimension macht es für jeden potenziellen Käufer selbstverständlich, Zugang zu einem Katalog zu haben, der Design und Kunst kombiniert.

Der Wert des globalen Kunstmarktes von 2007 bis 2021, in Milliarden $ (links) und der Wert des Luxusdesign- und Möbelmarktes von 2012 bis 2021, in Milliarden € © Statista

Vergleicht man den Kunst- und den Designmarkt in den letzten zehn Jahren, so stellt man fest, dass der Kunstmarkt von Jahr zu Jahr schwankt, während der Designmarkt ein stabiles Wachstum aufweist. Zugegeben, die Beträge sind im Kunstbereich höher. Aber vielleicht verdeutlicht dieser Trend, dass Designermöbel als konkretere Investition wahrgenommen werden, die weniger volatil sind als Kunstwerke? Wie dem auch sei, es ist nicht zu erwarten, dass sich dieser vielversprechende Markt in nächster Zeit abschwächt.

Design und Kunst werden von denselben Akteuren verkauft

Design-Katalog von Artsper

Viele Marktteilnehmer haben erkannt, dass die Affinität zwischen Kunst und Design ihre Verbindung mehr als vorteilhaft macht. Die Vorreiterrolle? Der PAD (Pavilion for Arts and Design), der seit Jahren in den großen Städten Kunst und Design zusammenbringt und dessen Pariser Ausgabe 2022 ein großer Erfolg war. Aber auch die internationale Art-Basel-Gruppe, die alljährlich die Veranstaltungen Design Miami und Design Basel mit ihren gigantischen Messen kombiniert.

Auch der digitale Markt hat aufgeholt: Verschiedene Plattformen bieten ihren Kunden nun die Möglichkeit, neben signierten Stühlen auch Gemälde von berühmten Künstlern zu entdecken. Aufgrund der wachsenden Nachfrage von Galerien und Sammlern hat Artsper Anfang 2022 seinen Katalog für Designobjekte geöffnet. Von nun an sind Lampen, Sitzmöbel oder Geschirr für jeden Laien nur noch einen Klick entfernt. Das ist auch bei Singulart der Fall - und bei Selency, das seinen Möbel- und Designkatalog um Kunstwerke erweitert hat.

Design und Kunst: Schöpfer, die beides geschickt kombinieren

Roy Lichtensteins atemberaubender Brushstroke Chair and Ottoman, 1986-8 © National Gallery of Art, Washington / Foto: Wikiart

Man muss sich nur die Falling Clocks von Daniel Arsham oder einen Stuhl von Anacleto Spazzapan ansehen, um zu verstehen, dass Kunst und Design manchmal ein und dasselbe sind. Und diese beiden Künstler sind nicht die einzigen, die die Grenzen zwischen diesen beiden Disziplinen verwischen... Sie sind auch nicht die ersten: Das Werk von Alberto Giacometti zum Beispiel taucht in den Verkaufsstellen für moderne Kunst ebenso auf wie in denen für Design. Und vor ihm hatten bereits Calder und Dalí Zigarettenspitzen und Schachfiguren entworfen! Zeitgenössische Künstler arbeiten also mit Designmarken zusammen und Designer schaffen Kunstwerke. Warum sollte man in diesem Fall die beiden Sphären getrennt halten, wenn ihre Schöpfer selbst sie in fließender Weise behandeln?

Kunst und Design von morgen: Können die beiden Hand in Hand gehen?

In einer Welt, in der die Käufer schnell und einfach Zugang zu allem haben wollen, liegt es nahe, neben Kunst auch Design anzubieten. Zumal sich die Zielgruppe für ein Paar Ginkgo-Sessel von Claude Lalanne nicht von derjenigen unterscheidet, die nach einem Gemälde von Georges Braque sucht... Sowohl Verkäufer als auch Käufer würden davon profitieren, wenn sie sich in den Sphären von Kunst und Design in einer einzigartigen, bereichernden Erfahrung bewegen könnten. Und Sie? Haben Sie auch schon einmal darüber nachgedacht, sich der Designwelt zu öffnen?